Zucker

Vielleicht ist Dir bereits aufgefallen, dass ich bei meinen Rezepten versuche, jegliche Form von Zucker zu meiden. Das hat einen einfachen Grund: Er gilt als ungesund und löst vermeintlich suchtähnliche Abhängigkeiten aus. Da er zudem kein Lieferant wertvoller Nährstoffe ist, auf die nicht anderweitig auch zugegriffen werden könnte, scheint mir ein Verzicht nicht weiter schwerwiegend.
Lediglich beim Backen greife ich hin und wieder auf Alternativen zurück. Denn Kuchen, Muffins, Pudding ohne etwas Süße mag sicher keiner oder nur die wenigsten.
Aber was macht den Zucker ungesund oder gar gefährlich? Welche Alternativen gibt es und wie dosiert/verwendet man sie?

Zucker = Ungesunder Süchtigmacher?

Mediziner Robert Lustig von der University of California in San Francisco geht sogar so weit, Zucker als Gift zu bezeichnen und verweist auf bis zu 35 Millionen Menschen, die dem Zucker pro Jahr weltweit indirekt zum Opfer fallen. Sei es durch Karies, Diabetes, Übergewicht oder sogar Antriebslosigkeit und ständiger Müdigkeit. Für Robert Lustig ist übermäßiger Zuckerkonsum für viele Krankheiten verantwortlich, weswegen er strengere Kontrollen, ähnlich wie beim Alkohol, verlangt. 1

Außerdem steht Zucker im Verdacht den Konsumenten süchtig zu machen. Die Suchtforscher Bart Hoebel und Nicole Avena führten an der Universität Princeton einen Test mit Ratten durch. Dabei wurde den Ratten über einen längeren Zeitraum in regelmäßigen Abständen eine Zuckerlösung statt Nahrung angeboten. Nach vier Wochen, in welchen die Ratten nach und nach mit erhöhter Dosis an Zuckerlösung gefüttert wurden, ging man zurück auf normales Futter komplett ohne Zucker. Was die Forscher dabei beobachteten, waren Verhaltensmuster, die auch bei Drogensüchtigen zu erkennen sind: Zittern, Angst, Unruhe, Verhaltensstörungen, Antriebslosigkeit. Ein Blick auf die Gehirne der Ratten zeigte, dass die Bereiche, die für das Ausschütten der körpereigenen Beruhigungs- und Glücksstoffe zuständig sind, stark verändert wurden. 2
Wie Du vielleicht weißt, bin ich kein Unterstützer von Tierversuchen und auch deren Sinnhaftigkeit ist in Frage zu stellen. Dennoch scheint es im Bezug auf Zucker ein ähnliches Suchtverhalten beim Menschen zu geben: Der Suchtmediziner Falk Kiefer zeigte in einer Studie übergewichtigen Probanten Bilder, auf denen verschiedene Lebensmittel zu sehen waren und zeichnete dabei mit einem Kernspingerät die Reaktion des Gehirnes auf diese Bilder auf. Das Ergebnis: Übergewichtige reagieren auf Bilder von Süßigkeiten wie Kuchen oder Eis deutlich anders als auf Bilder von Gemüse, Salat oder Fleisch. Dieser Unterschied wird vor allem im Vergleich mit normalgewichtigen Probanten deutlich. Bei den übergewichtigen Teilnehmern wurde das Belohnungszentrum des Gehirns wesentlich stärker aktiviert, als bei Normalgewichtigen beim Anblick von Süßem.

Von einer Zuckersucht möchte Falk Kiefer allerdings nicht sprechen: „Eine Zuckersucht gibt es nicht“. Ernährungswissenschaftler Sven-David Müller fasst es genauer zusammen: „Kokain, Psychopharmaka - so eine Sucht gibt es bei Schokolade nicht, wohl aber ausgeprägtes Verlangen.“ Ein ausgeprägtes Verlangen sei aber nicht mit einer Sucht nach harten Drogen wie Kokain zu vergleichen, auch wenn es dem Menschen durchaus wie eine solche Sucht erscheinen kann.
Schärfer ins Gericht geht hier beispielsweise Frank Lipman, der behauptet, Zucker sei eine sozial akzeptiere, legale Modedroge. 4 Lipman fässt zusammen, dass Zucker die Sucht- und Belohnungsstränge im Gehirn auf gleiche Weise anspricht, wie viele illegale Drogen es tun. Und wie eben solche illegalen Drogen, kann auch Zucker die Gesundheit zerstören und zu Beschwerden wie Herzkrankheiten, Diabetes, Bluthochdruck, hoher Cholesterinspiegel, Gewichtszunahme, und vorzeitiger Hautalterung führen.

„Süß ist der Geschmack, den wir als erstes positiv wahrnehmen - das haben Tests an Säuglingen gezeigt“, könnte Müller an der Stelle den Ausführungen von Lipman kontern. 3 Denn Süßes sei für den Menschen im Allgemeinen gut verträglich und ungefährlich. Es gebe auch keine Studie, die belegt, dass ein hoher Zuckerkonsum allein schädlich ist. Auch Kiefer scheint dieser Meinung beizupflichten: "Von Zucker bekomme ich weder Diabetes Typ 2 noch Karies, wenn ich ansonsten nicht zu dick bin, mich ausreichend bewege und mir regelmäßig die Zähne putze."  3
Beide gestehen allerdings ein, dass mit einem übermäßigen Zuckerkonsum häufig andere Risikofaktoren einhergehen: Übergewicht durch zu kalorienreiches Essen, Bewegungsmangel oder chronischer Stress. Diese wiederum könnten zu Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Herz- oder Gelenkproblemen führen.

Kotrollierte "Abhängigkeit"

Wenn man das Thema Zucker also zusammenfassen möchte, scheint der gemeinsame Nenner der zu sein, dass die Masse bedenklich, aber ein Genuss in Maßen akzeptabel ist. Beim Zucker erscheint der Vorsatz allerdings schwer umsetzbar. In einer 1 Liter Flasche Coca Cola stecken beispielsweise 40 Stück Würfelzucker. In einem kleinen 50g Becher Fruchtzwerge, der Kindern in der Werbung immer als besonders gesund verkauft werden soll, stecken ebenfalls zwei Würfelzucker. Selbst in Produkten, in denen wir eventuell keinen Zucker vermuten würden, steckt er. Beispielsweise 61 Stück Würfelzucker in einer 0,75 Liter Flasche Tomatenketschup. 5
Das hat einen einfachen Grund: Zucker ist ein Geschmacksträger. Und auch der Fruchtzuckergehalt in überzüchteten Obstsorten ist höher als normal und kann für den Körper schädlich werden. Dadurch schaffen wir es im Schnitt auf eine Tagesdosis von 100g Zucker, das ist mehr als die doppelte Menge dessen, was Experten empfehlen.

Dieses Überangebot an zuckerhaltigen Lebensmitteln führt dazu, dass unser Geschmacksempfinden abstumpft. Eine gefährliche Gewöhnung an Süße tritt ein, die es gilt zu durchbrechen. Ich habe es selbst bei mir getestet, wie leicht es tatsächlich sein kann, seine Rezeptoren umzugewöhnen und wieder ein vernünftiges Verhältnis zur Süße zu bekommen. Es beginnt bereits im Kleinen. Einfach den Zucker im Tee oder Kaffe weg lassen. Keine Fertigprodukte kaufen, die mit Zucker versetzt sind. Beim nächsten Kartoffelsalat auf den Zucker verzichten und einen leckeren Fruchtpudding einfach selbst zubereiten und die Menge an Süße bewusst regulieren.
Nach kurzer Zeit konnte ich nicht einmal mehr die früher sehr geliebte Vanille Cola zu mir nehmen, ohne den Geschmack als widerlich süß zu empfinden. Aber auch Desserts und Nachspeisen genieße ich seither bewusster, da ich schon nach wenigen Happen bedient bin und für mich eine zufriedenstellende Dosis Süße bekommen habe, die keinen weiteren Bissen erlauben, um keine Überreizung auszulösen.
Überhaupt sind süße Speisen oder allgemein Süßigkeiten für mich nur noch eine Art Belohnung. Ich habe die Gewohnheit durchbrochen und stattdessen ein Genussmittel aus meinem kleinen Eis hin und wieder als Nachtisch oder meinem selbst gemachten Pudding vereinzelt zum Frühstück gemacht. Was für den ein oder anderen zunächst als Verzicht erscheinen mag, ist für mich eine Wiederentdeckung der kleinen Freuden. Am Ende der Woche mal ausnahmsweise eine kleine Flasche Kola - da freue ich mich jedes Mal wieder wie ein kleines Kind.

Alternativen

Wie bereits Eingangs erwähnt, ist gerade das Backen ohne irgendeine Form von Süßungsmitteln nicht wirklich leicht oder erstrebenswert. Manchmal muss es süß sein, darum gibt es nun eine Auflistung bekannter Alternativen:


  1. Honig
    Verhältnis: Zucker : Honig ca. 100g : 75g
    Außerdem sollte die Flüssigkeitsmenge (ca. 1/5 Richtwert) des verwendeten Rezepts verringert werden, da der Honig selbst bereits Wasser enthält.
    Honiggebäck bräunt außerdem schneller. Daher sollte hier die Backzeit verlängert, die Temperatur aber verringert werden.

    Für mich ist Honig leider keine mögliche Alternative, weil er nicht in meine Definition von "vegan" passt.
    Davon abgesehen, besteht Honig eigentlich nur aus Zucker und Wasser. Sein einziger Vorteil besteht darin, dass er süßer schmeckt als Zucker, dadurch geringere Mengen benötigt werden, wodurch Kalorien gespart werden können.

  2. Fruchtdicksäfte
    Verhältnis: Zucker : Agavendicksaft ca. 120 - 150g : 100g

    Ich beziehe mich beim Verhältnis auf den Agavendicksaft, da er der wohl bekannteste und meist gentutzte Fruchtdicksaft, neben Apfel oder Birne, sein sollte.
    Beim Agavendicksaft wird der Saft der Agaven eingedickt, bis nur noch ein Wasseranteil von 25 bis 35% vorhanden ist. Was zurück bleibt ist die konzentrierte, nährstoffreiche Fruchtsüße. Agavendicksaft ist süßer als Zucker und hat weniger Kalorien, an Vitaminen und Mineralstoffen ist er aber fast genauso arm.
    Ein Nachteil ist außerdem, dass der Fruchtzucker in Dicksäften in hohen Mengen zu Unverträglichkeiten wie Durchfall führen können und zur erhöhten Bildung von Harnsäure führt, was gesundheitliche Folgen haben kann.

  3. Natürliche Süße aus Früchten
    Warum nicht direkt auf die Süße von Früchten zurück greifen. Gerade beim Backen oder bei Smoothies und dergleichen ist es denkbar einfach, mit der natürlichen Süße, die uns Früchte geben, zu süßen. Bananen eignen sich besonders gut beim Backen und können sogar Eier ersetzen. Zwei Eier können dabei in manchen Teigen einfach durch eine Banane ersetzt werden.
    Auch mit Datteln wird gerne gesüßt. 100g Zucker können dabei mit 100g Datteln ersetzt werden. Wenn diese zu hart sind für den Teig, einfach vorher für mindestens eine Stunde in Wasser einweichen lassen. Oder aber direkt Dattelpaste daraus machen. Dazu ca. 25 Datteln über Nacht in warmen Wasser einweichen lassen. Am Tag darauf die Datteln entkernen un im Mixer zu Paste verarbeiten. Wird diese zu dick, etwas von dem eingelegten Wasser dazu geben. Auch hier wieder ein Nachteil: Der hohe Fruchtzuckeranteil. Dafür verfügen Datteln aber über einige Balaststoffe. 

  4. Ahornsirup
    Verhältnis: Zucker : Ahornsirup ca. 100g : 75g
    Außerdem beim Backen mit Ahornsirup unbedingt 2 EL der restlichen Flüssigkeitsmenge des Rezepts abziehen.

    Ahornsirup bringt einen sehr eigenen, karamelligen Geschmack mit. Wer damit kein Problem hat, kann Ahornsirup durchaus Honig vorziehen, da er Mineralstoffe enthält. Ansonsten hat aber auch er die bekannten Nachteile und sollte außerdem mit Bedacht eingesetzt werden, denn für einen Liter Sirup, werden 40 Liter Ahornsaft benötigt. Ein großer Nachteil in Sachen Nachhaltigkeit.

  5. Reissirup
    Verhältnis: Zucker : Reissirup ca. 100g : 110g
    Außerdem beim Backen mit Ahornsirup unbedingt 2 EL der restlichen Flüssigkeitsmenge des Rezepts abziehen.

    Reissirup hat, im Vergleich zu Ahornsirup, keinen besonderen Eigengeschmack. 

  6. Vollrohrzucker
    Verhältnis: Zucker : Vollrohrzucker entspricht 1:1

    Der Unterschied von Vollrohrzucker im Vergleich zu normalem Zucker ist der, dass Vollrohrzucker bei der Herstellung nicht raffiniert wird und dadurch mehr Mineral- und Aromastoffe aufweist. 

  7. Stevia
    Stevia wird in aufwendigen Verfahren meist chemisch aus den Blättern der namensgleichen Stevia-Pflanzen extrahiert und ist damit eigentlich ein künstliches Produkt. Beim Kauf sollte unbedingt auf das Etikett geachtet werden, ob man reines oder gemischtes Stevia kauft, da es auch gerne mit anderen Süßungsmitteln gemischt wird um eine Dosierung zu vereinfachen. Meist steht bereits auf der Verpackung, in welchem Verhältnis Zucker durch Stevia ersetzt werden kann.
    Was Stevia sehr interessant macht, ist, dass es keinen Zucker und keine Kalorien enthält. Für mich kommt es als Alternative trotzdem nicht bzw. selten in Frage, da für uns der als bitter empfundene Eigengeschmack von Stevia zu oft durchdringt.

  8. Xylith
    Verhältnis:
     Zucker : Xylith entspricht 1:1
    Achtung: Frische Hefe kann mit dem Xylith nichts anfangen, daher ist für einen Hefeteig an der Stelle diese Alternative nicht brauchbar.

    Wird auch Birkenzucker genannt, da er aus Birkenrinde und den Überresten von Maiskolben gewonnen wird. Letztreres kann in Bezug auf Gentechnik nachteilig sein, daher beim Kauf von Xylith unbedingt auf die Qualität achten.
    Xylith aber hat direkt einen Vorteil gegenüber normalen Haushaltszucker: Er hilft gegen Karies, remineralisiert die Zähne und hat 40% weniger Kalorien.
    Allerdings kann ein hoher Verzehr von Xylith abführend wirken.

  9. Kokosblütenzucker
    Verhältnis: Zucker : Kokosblütenzucker entspricht 1:1
  10. Der Nektar der Kokosblüte wird gekocht, zu Granulat verarbeitet und ergibt dann den Kokosblütenzucker, der - im Vergleich zu anderen Alternativen - leider etwas kostspieliger ist. In Sachen Kalorien hat man mit dem Kokosblütenzucker im Vergleich zum normalen Haushaltszucker nichts gewonnen, dafür ist er weniger stark behandelt und enthält einige Mineralstoffe und Spurenelemente.
    Kokosblütenzucker ist übrigens sehr nachhaltig, da die Kokospalmen 70 Jahre für die Gewinnung des Zuckers verwendet werden können.

Ich persönlich süße am Liebsten so natürlich wie möglich. Sprich mit Bananen, Apfelmus oder Datteln. Wenn das mal nicht möglich ist, bevorzuge ich Xylith und Kokosblütenzucker. Da beide Formen leider etwas kostspielig sind, tendiere ich, wenn größere Mengen Zucker nötig sind, hin und wieder zu Stevia.
Aber selbst dann achte ich immer, mit Bedacht zu Süßen. Denn eine gesunde Alternative gibt es nicht und wird es wohl auch nie geben.


Quellen:

http://www.hna.de/gesundheit/us-professor-robert-lustig-zucker-ist-gift-zr-4554661.html (abgerufen am 19.11.2015)
http://www.wdr.de/tv/applications/fernsehen/wissen/quarks/pdf/Q_Zucker.pdf (abgerufen am 19.11.2015)
http://www.lr-online.de/tipps-und-trends/geld-und-markt/Wenn-die-suesse-Gewohnheit-zur-Gier-wird;art12595,4055039 (abgerufen am 19.11.2015)
http://www.huffingtonpost.com/dr-frank-lipman/sugar-addiction_b_783203.html#s183033title=Look_Out_For (abgerufen am 19.11.2015)
http://de.sott.net/article/1507-Volksdroge-So-viel-Zucker-steckt-in-Lebensmitteln (abgerufen am 19.11.2015)
  • http://www.focus.de/gesundheit/ernaehrung/gesundessen/gelten-als-gesunde-zucker-alternativen-stevia-sirup-xylit-ist-die-natuerliche-suesse-der-bessere-zucker_id_4527191.html (abgerufen am 19.11.2015)
  • http://www.evidero.de/gesunde-suessungsmittel (abgerufen am 19.11.2015)
  • https://www.die-reale-welt.de/ich/alternativen-zum-haushalts-zucker/ (abgerufen am 19.11.2015)